Aus der Internet Seite: https://www.bundeskanzlerin.de

Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der Grundsteinlegung für das Hybridkraftwerk der ENERTRAG AG

Di, 21.04.2009 gehalten in Prenzlau
 
Sehr geehrter Herr Müller,
lieber Herr Ministerpräsident Matthias Platzeck,
liebe Kollegen aus dem Deutschen Bundestag und aus dem Landtag,
Herr Wirtschaftsminister,
liebe Gäste
und natürlich die Vertreter der örtlichen Instanzen,
 

Ich bin sehr gerne hierher gekommen – Katharina Reiche hatte mir schon vor geraumer Zeit von diesem Projekt berichtet. Ich bin natürlich auch hier, weil ich immer gerne in die Uckermark komme, und freue mich, wenn hier etwas Zukunftsweisendes passiert. Das ist mit dieser Grundsteinlegung heute der Fall. Ich bin auch sehr gerne hierher gekommen, weil Grundsteinlegungen und Investitionen in Zeiten, wie wir sie im Augenblick haben, Signale der Hoffnung, Signale der Zukunft sind.

 

Gerade im Bereich der erneuerbaren Energien können wir auf eine sehr berechenbare und sehr klare Zukunft setzen. Selten gibt es so deutliche politische Rahmenbedingungen, wie sie bereits festgelegt wurden. Gerade in dieser Legislaturperiode wurden sie noch einmal erweitert. Deutschland ist damit an der Spitze der Umsetzung der europäischen Klimabeschlüsse. Wir werden daher mit gutem Gepäck zu den Verhandlungen für die Nachfolgeabkommen des Kyoto-Abkommens, die geschlossen werden müssen, fahren.
 
Deutschland kann aber auch mit großer Freude sagen: Neben den politischen Rahmenbedingungen haben wir Menschen und Firmen – dazu gehört ENERTRAG, dazu gehört Total in dieser Kooperation –, die sich immer wieder auf den Weg machen, Neuland zu beschreiten, und die die Kooperation mit Fachhochschulen, mit Wissenschaft und Forschung suchen, so wie es der Ministerpräsident eben gesagt hat. Das muss ja Hand in Hand gehen.
 
Auf der einen Seite haben wir politisch verlässliche Rahmenbedingungen und auf der anderen Seite das Ziel einer Verbesserung der Energieeffizienz um 20 Prozent und der Abdeckung von 20 Prozent unseres gesamten Energiebedarfs durch regenerative Energien bis zum Jahr 2020. Wenn ich einmal zurückschaue, stelle ich fest: Vor über zehn Jahren, als ich Umweltministerin war, hätte man – ich jedenfalls – solche Ziele für relativ utopisch gehalten. Deshalb haben wir davon auch noch nicht gesprochen. Damals schien uns schon allein der Stromanteil regenerativer Energien in Höhe von 20 Prozent extrem hoch zu sein. Heute wissen wir, dass wir einen solchen Anteil beim gesamten Energiebedarf schaffen können und – ich glaube, das wirklich sagen zu können – auch schaffen werden.
 
Natürlich sind auch viele der Schwächen überwunden, die wir jahrelang beklagt haben. Man hat ja nicht nur unter Windkraftwerken geschlafen, um zu beweisen, dass der Geräuschpegel doch nicht so hoch ist – wobei ich eben gesagt habe: Die Liebhaber von Autobahnen schlafen auch neben der Autobahn und sagen, dass es eigentlich gar nicht laut sei. Das alleine ist also noch kein überzeugendes Beispiel.
 
Wir sind aber auf dem besten Weg – das konnte man auch gestern auf der Hannover Messe wunderbar sehen –, die Windenergie immer stärker grundlastfähig zu machen. Aber mit einer erneuerbaren Energie allein werden wir das nicht ganz schaffen. Dennoch, die Entwicklungen bei den Windkraftanlagen sind beachtlich. Die Möglichkeiten der Einstellung der Rotoren und der Reaktion auf die Windgeschwindigkeit sind phänomenal, verglichen mit den technischen Möglichkeiten, die wir früher hatten. Für die Offshore-Anlagen wird das noch einmal eine völlig neue Qualität erreichen.
 
Aber es wird eben so bleiben – hier ist von den witterungsbedingten Schwankungen beim Wind und von Tief- und Hochdruckgebieten schon die Rede gewesen –, dass die Windenergie allein nicht grundlastfähig ist. Also müssen wir das Ganze kombinieren. Deshalb ist dieses Pilotkraftwerk, das als Hybridkraftwerk konzipiert ist, wirklich ein qualitativer Meilenstein, da es unterschiedliche technische Entwicklungen in den einzelnen Arten der erneuerbaren Energien zusammenführt und dann auch unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten eröffnet: Auf der einen Seite die Wärme, auf der anderen Seite Wasserstoff für Antriebstechnologien.
 
Bei den Antriebstechnologien ist ja viel los; da werden wir in den nächsten Jahren auch revolutionäre Entwicklungen haben. Ob die Steckdose das Rennen machen und die Batterieentwicklung sehr schnell vonstatten gehen wird oder ob der Wasserstoff das Rennen machen wird und die Tankstellensysteme sehr schnell entwickelt werden – das ist ein spannender Wettlauf; ungefähr so spannend wie die Frage, ob der Computer einmal alles macht und man auf ihm fernsieht oder ob der Fernseher alles macht und man auf ihm rechnet. Jedenfalls müssen wir innovative Dinge vorantreiben. Deshalb ist es wichtig, dass staatliche Förderung mit Innovationsgeist zusammengeht und dass man an einem solchen Pilotkraftwerk hier einmal zeigt, was man wirklich alles machen kann.
 
Es sind schon einige andere Dinge angeklungen, die ebenfalls von großer Bedeutung sind. Der Wind muss sozusagen erst einmal genutzt werden, dann wird daraus etwas produziert und dann muss das Produkt auch dorthin kommen, wo man es braucht. Da ist es schön, wenn Prenzlau die Wärme abnimmt und wenn man auch die Stromverbraucher in der Uckermark gleich mitversorgt. Aber das alleine wird uns ja noch nicht helfen. Das heißt, das Thema Leitungsbau ist ein wichtiges.
 
Die Bundestagsabgeordneten haben mir gerade zugerufen, dass es eine gute Chance gibt, dass das Gesetz zum beschleunigten Leitungsausbau noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Da gibt es aber nun auch wieder – wie bei allem, was neu in Deutschland ist – große Kämpfe: Sollen die Kabel in die Erde, sollen die Kabel in die Luft? Wir werden ohne Kabel über Land nicht auskommen. Man kann nicht alles in der Erde verbuddeln; das ist vollkommen klar. Ich habe gerade eben auch gelernt, dass es bei den Hochspannungskabeln so ist, dass sozusagen die Kabel im Wesentlichen mit sich selbst beschäftigt werden, wenn viel zu viele Erdkabel gelegt werden. Das wollen wir nicht.
 
Das Ganze muss natürlich auch von den Kosten her für den Verbraucher erschwinglich sein. Auch das dürfen wir nicht vergessen. Es muss kostensicher, versorgungssicher und umweltfreundlich, das heißt, möglichst CO2-frei, sein. So werden wir in den nächsten Jahren eine ganz wesentliche revolutionäre Entwicklung auch in der Frage haben: Wo wird der Strom erzeugt und wo wird er in Deutschland gebraucht? Da fallen die Dinge natürlich erheblich auseinander. Auf der einen Seite sollen die bevölkerungsarmen Gebiete, wie die Uckermark – erfreulicherweise – eines ist, nicht mit Windkraftanlagen vollgepflastert werden; das ist auch klar. Es wird hier allerdings viel bessere Standortmöglichkeiten geben, als in anderen Gebieten. Auf der anderen Seite müssen die klassischen Industriestandorte Deutschlands aber auch versorgt werden. Insofern ist die Anbindung an vernünftige Leitungskapazitäten eine Schlüsselfrage für die Verwendung erneuerbarer Energien.
 
Ich bin heute sehr gerne hier, weil das Kraftwerk, das hier geschaffen werden soll, einen qualitativen Sprung bedeutet, weil es ein Kraftwerk eines Typs ist, den wir so bis jetzt nicht kennen, weil von diesem Pilotkraftwerk viele etwas lernen werden und weil es uns Weiterentwicklungen in verschiedenen Bereichen – von Wärme über Antrieb hin zu Strom – ermöglicht. Es ist aus meiner Sicht eine Lösung für die Zukunft, nicht nur Hybridantriebe beim Auto, sondern auch Hybridkraftwerke zur umfassenden Nutzung der erneuerbaren Energien zu verwenden.
 
Deshalb einen herzlichen Glückwunsch an diejenigen, die diese Idee gehabt haben, und ein herzliches Dankeschön an alle, die diese Idee unterstützen. Ich würde sagen, Sie sind auf der sicheren Seite, wenn Sie diese Grundsteinlegung und diesen Bau mit allem Elan begleiten. Das ist etwas für die Zukunft, das wird Schule machen.
 
Herzlichen Dank, dass ich heute dabei sein kann.
 
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